Anrechnung auf den Pflichtteil

Der Pflichtteilsberechtigte hat sich auf seinen Pflichtteil dasjenige anrechnen zu lassen, was ihm vom Erblasser zu Lebzeiten mit der Bestimmung zugewandt worden ist, dass es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll, § 2315 BGB. Dabei muss der Erblasser diese Anrechnungsbestimmung spätestens im Zeitpunkt der Zuwendung getroffen haben. Eine einmal getroffene Anrechnungsbestimmung kann der Erblasser nachträglich durch eine einseitige Verfügung wieder aufheben, z.B. durch Testament. Ist bei der Zuwendung (oder zuvor) keine Anrechnungsbestimmung erfolgt und soll eine solche nachträglich getroffen werden, bedarf es dazu eines notariell zu beurkundenden Erb- oder Pflichtteilsverzichtsvertrags; eine lediglich schriftliche Vereinbarung genügt nicht.

Die Anrechnungsbestimmung muss nicht schriftlich erfolgen. Eine mündliche Erklärung, ja sogar eine konkludente Handlung, genügen, wenn der Empfänger den Anrechnungswillen des Zuwendenden klar erkennt und die Zuwendung trotzdem nicht zurückweist. Allerdings empfiehlt sich aus Beweisgründen die Schriftform. Die Anrechnungsbestimmung soll so verfasst werden, dass klar ist, dass sie sich auf den Pflichtteil bezieht. Deshalb ist es empfehlenswert, die Anrechnung ausdrücklich als Anrechnung auf den Pflichtteil zu bezeichnen. Erfolgt die Zuwendung mit der Bestimmung, dass sie auf den „Erbteil“ anzurechnen ist, gilt dies nicht als Pflichtteilsanrechnungsbestimmung. Allerdings kann sich in diesem Fall der Pflichtteil durch die Ausgleichsregelung des § 2316 BGB mindern. Nach dieser Regelung bestimmt sich in den Fällen, in denen nach der gesetzlichen Erbfolge eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen zu erfolgen hätte, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichung entfallen würde.

Bei einer Zuwendung an einen Minderjährigen mit einer Pflichtteilsanrechnungsbestimmung ist es umstritten, ob eine familiengerichtliche Genehmigung nach § 1643 Abs. 2 BGB erforderlich ist. Für die Praxis empfiehlt sich die Einholung dieser Genehmigung, wenn man auf Nummer sicher gehen will.

Will der Empfänger die Anrechnungsbestimmung nicht gegen sich gelten lassen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als die vorgesehene Zuwendung auszuschlagen.

Die Anrechnung erfolgt in der Weise, dass der Wert der Zuwendung dem Nachlasswert hinzugerechnet wird (Anrechnungsnachlass), daraus wird der Pflichtteil errechnet und von diesem Pflichtteil wird dann der Anrechnungsbetrag abgezogen. Sind anrechnungspflichtige Zuwendungen an verschiedene Pflichtteilsberechtigte erfolgt, so wird für jeden Pflichtteilsberechtigten vorstehende Berechnung gesondert durchgeführt. Da für die Anrechnung der Wert der Zuwendung im Zeitpunkt des Empfangs maßgebend ist, wird dieser Wert nach dem Lebenshaltungskostenindex auf den Zeitpunkt des Erbfalls hochgerechnet. Der Zuwendende kann bei der Zuwendung aber auch etwas anderes vorgeben. So kann er z.B. die Indexierung ausschließen oder einen vom tatsächlichen Wert abweichenden Betrag bestimmen. Die Anrechnung erfolgt im Erbfall unabhängig davon, ob der zugewendete Gegenstand zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden ist.

 

Unsere Themen

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung ...>


Vorsorgebevollmächtigter ...>


Testamentsgestaltung ...>


Testamentsvollstreckung ...>


Rechtsberatung ...>


Impressum