Erbvertrag

Der Erbvertrag ist einevor einem Notar zu schließende vertragliche Verfügung von Todes wegen zwischen dem Erblasser und einer (oder mehreren) anderen Person(en) mit Bindungswirkung. Er besitzt eine Doppelrolle: Einerseits trifft der Erblasser eine einseitige Verfügung von Todes wegen, andererseits wird diese Verfügung im vertraglichen Einvernehmen mit einem Vertragspartner getroffen. Bereits zu seinen Lebzeiten ist der Erblasser vertraglich gebunden, die vereinbarte Wirkung tritt aber erst nach seinem Tod ein.

Im Einzelnen gilt:

Wer einen Erbvertrag schließen möchte, muss grundsätzlich unbeschränkt geschäftsfähig sein und damit das 18. Lebensjahr vollendet haben, § 2275 BGB. Nur Ehegatten und Verlobte können einen Erbvertrag auch dann miteinander schließen, wenn sie noch nicht 18 Jahre alt sind. Sie bedürfen dazu allerdings der Zustimmung ihrer Eltern.

Wie das eigenhändige Testament ist auch der Erbvertrag ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, so dass eine Stellvertretung ausgeschlossen ist, § 2274 BGB. Der Vertrag muss zur Niederschrift beim Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsteile geschlossen werden, § 2276 BGB. Der Notar hat den Erbvertrag unverzüglich in die besondere amtliche Verwahrung  bei einem Amtsgericht zu geben, sofern dies von den Vertragsparteien nicht einvernehmlich ausgeschlossen wird,  § 34 BeurkG. In letzterem Fall verbleibt die Urkunde in der Verwahrung des Notars.

Man unterscheidet zwischen einseitigen und zwei- bzw. mehrseitigen Erbverträgen:

Bei einem einseitigen Erbvertrag verpflichtet sich nur der Erblasser zu einer Verfügung von Todes wegen. Diese Art von Erbverträgen wird häufig mit dem Inhalt geschlossen, dass sich die andere Vertragspartei zu einer Leistung unter Lebenden verpflichtet, z.B. zur lebenslangen Pflege des Erblassers, und dafür vertraglich zum Erben eingesetzt wird. Die eingegangene Pflegeverpflichtung ist ein ganz normales Rechtsgeschäft unter Lebenden, welches nur äußerlich Bestandteil des Erbvertrags ist. Es genügt aber auch, wenn der Bedachte die Erklärung des Erblassers lediglich annimmt und keine Gegenleistung für die letztwillige Zuwendung übernimmt. In diesem Fall spricht man von einem unentgeltlichen Erbvertrag.

Bei einem zweiseitigen Erbvertrag verpflichten sich beide Vertragsparteien zu Verfügungen zu Todes wegen. Dieser Typus findet sich häufig bei Erbverträgen zwischen Ehegatten. Er gewinnt zunehmend an Bedeutung für geschiedene Ehegatten, die sicherstellen wollen, dass gemeinschaftliche Vermögensgegenstände wie Immobilien im Erbgang an die gemeinsamen Kinder gehen. So kann verhindert werden, dass erarbeitetes Vermögen nicht an neue Ehegatten oder Kinder aus einer neuen Ehe fällt. Erbverträge solcher Art können zusammen mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen werden und erleichtern nicht selten eine einvernehmliche Regelung bezüglich der Scheidungsfolgen. Auch in Verbindung mit einem Ehevertrag, der die güterrechtlichen Verhältnisse regelt (insbesondere Güterstand, Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich), ist ein Erbvertrag möglich und in der Praxis nicht selten. Der Erbvertrag wird als gegenseitig bezeichnet, wenn sich die Vertragsparteien dabei gegenseitig bedenken.

Inhaltlich sind dem Erbvertrag Grenzen gesetzt. Danach darf ein Erbvertrag keine anderen Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen enthalten, § 2278 BGB. Durch den Erbvertrag werden zeitlich vorangehende oder nachfolgende Verfügungen von Todes wegen unwirksam, wenn sie dem Erbvertrag inhaltlich widersprechen. Haben zwei Vertragspartner in einem Erbvertrag eine letztwillige Verfügung getroffen, die jeweils mit der Verfügung des anderen stehen und fallen soll, so sind diese Verfügungen wechselbezüglich. Konsequenz der gegenseitigen Abhängigkeit ist die Unwirksamkeit des ganzen Erbvertrages im Falle der Nichtigkeit nur einer der Verfügungen.

Der Erblasser ist trotz der vertraglichen Bindungswirkung des Erbvertrags zu seinen Lebzeiten nicht gehindert, über sein Vermögen nach seinem Belieben zu verfügen, § 2286 BGB. Geschützt ist der vertraglich Bedachte nur, wenn der Erblasser sein lebzeitiges Verfügungsrecht missbraucht. Dies ist der Fall, wenn der Erblasser Schenkungen macht in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, § 2287 BGB. Diese Absicht ist nach der Rechtsprechung in der Regel dann gegeben, wenn der Erblasser an der Schenkung kein lebzeitiges Eigeninteresse hat. In diesem Fall kann der Bedachte nach dem Tod des Erblassers einen Bereicherungsanspruch gegen den Beschenkten geltend machen und von diesem den verschenkten Gegenstand herausverlangen.

Der Erblasser kann vom Erbvertrag zurücktreten,

  • wenn er sich den Rücktritt im Vertrag vorbehalten hat, § 2293 BGB,
  • wenn sich der Bedachte einer solchen Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen würde, § 2294 BGB,
  • wenn die Verfügung mit Rücksicht auf eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Bedachten, dem Erblasser für dessen Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu entrichten, insbesondere Unterhalt zu gewähren, getroffen ist und die Verpflichtung vor dem Tode des Erblassers aufgehoben wird, § 2295 BGB.

Der Erbvertrag kann zudem von den Vertragsparteien gemeinsam aufgehoben oder abgeändert werden

  • durch gemeinsame Rücknahme des Erbvertrages aus der amtlichen oder notariellen Verwahrung, § 2300 Abs. 2 BGB,
  • durch einen notariellen Vertrag zwischen den Vertragsparteien des Erbvertrags, durch den sämtliche oder  nur einzelne vertragsmäßige Verfügungen aufgehoben werden, § 2290 BGB,
  • durch ein Testament des Erblassers mit Zustimmung des anderen Vertragspartners, durch das die Anordnung eines Vermächtnisses oder einer Auflage aufgehoben wird, § 2291 BGB,
  • durch ein gemeinschaftliches Testament (nur bei einem Erbvertrag zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern), § 2292 BGB.

Der Erbvertrag gilt in Verbindung mit der Niederschrift über die Testamentseröffnung im Regelfall als Erbnachweis und ersetzt auf diese Weise den Erbschein. Dadurch werden die nicht unerheblichen Kosten für die Ausstellung des Erbscheins gespart.

Notarkosten

Für die Beurkundung eines Erbvertrags werden 2 Gebühren nach Nr. 21100 KV-GNotKG erhoben, zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer. Geschäftswert ist der Reinwert des Vermögens des Erblassers im Zeitpunkt der Beurkundung; Schulden können aber höchstens bis zur Hälfte des Vermögens abgezogen werden (sog. modifiziertes Reinvermögen), § 102 I 2 GNotKG. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach der Tabelle B der Anlage 2 zum GNotKG (Gebührentabelle).

Erbverträge werden gelegentlich mit anderen rechtsgeschäftlichen Erklärungen zusammen beurkundet, beispielsweise mit Erb- oder Pflichtteilsverzichten oder Eheverträgen. In diesen Fällen erfolgt keine getrennte Berechnung wie in zwei verschiedenen Urkunden, sondern die Werte der einzelnen Erklärungen werden zu einem Geschäftswert zusammengerechnet, § 35 I GNotKG.

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