Vererblichkeit des Nachlasses

Grundsätzlich sind alle Vermögensrechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen vererblich (§ 1922 BGB), es gibt jedoch wichtige Ausnahmen, insbesondere (aber nicht nur) bei einem Vorerbenvermögen und im Zusammenhang mit Beteiligungen an Gesellschaften und hier vor allem an Personengesellschaften.

Im Einzelnen gilt:

Nicht frei verfügbar und somit auch nicht vererbbar ist das sog. Vorerbenvermögen. Dieses entsteht, wenn der Erblasser (mindestens) zwei Personen als Erben bestimmt mit der Besonderheit, dass der Nachlass zunächst der einen Person als so genanntem Vorerben zufällt und dass die andere Person den Nachlass erst nach dessen Tod (oder dem Eintritt einer anderweitigen Bedingung) erhält. Der so bestimmte Vorerbe kann über dieses Vorerbenvermögen zum Schutz des Nacherben nur in eng begrenztem Umfang verfügen. So ist es ihm beispielsweise nicht gestattet, dieses Sondervermögen zu vererben oder zu verschenken. Das Vorerbenvermögen bleibt während der Dauer der Vorerbschaft vom übrigen (eigenen) Vermögen des Vorerben getrennt; nur über letzteres kann der Vorerbe frei verfügen.

Für den Fall, dass der Erblasser seinem potentiellen Erben schon zu Lebzeiten Vermögen übertragen hat, der Erbe aber wider Erwarten vor dem Erblasser stirbt, können vertraglich so genannte Rückfallklauseln vereinbart werden. Diese verhindern, dass die Erben des vorverstorbenen Erben in den Genuss des Vermögens kommen und ermöglichen somit den Rückgang an den noch lebenden Erblasser. Auch in diesem Fall kann der Erbe über ihm gehörende Gegenstände nicht frei verfügen.

Ähnlich wie beim Vorerbschaftsvermögen kann ein einzelner Vermögensgegenstand vom Erblasser zunächst einer Person im Wege des Vermächtnisses mit der Auflage übertragen werden, diesen Gegenstand zu einem bestimmten Zeitpunkt wiederum einem Dritten zu vermachen, § 2191 BGB. Auch der erste Vermächtnisnehmer dieses einzelnen Gegenstandes kann aufgrund dieser Auflage nicht weitervererben.

Anders als die Vermögensrechte des Erblassers sind die persönlichen, immateriellen Rechte, wie z. B. die Mitgliedschaft in einem Verein, grundsätzlich nicht vererblich. Ausnahmen sind hierbei beispielsweise die Urheberrechte und die gewerblichen Schutzrechte. Auch Schadenersatzrechte sind nach neuerer Rechtsprechung des BGH grundsätzlich vererblich, und zwar unabhängig davon, ob der Anspruch zu Lebzeiten des Erblassers anerkannt oder bei Gericht rechtshängig gemacht wurde oder nicht und ob der Erblasser den Anspruch selbst geltend gemacht hat.

Dingliche Rechte, also Rechte einer Person zur unmittelbaren Herrschaft über eine Sache, wie z.B. Eigentum und Besitz, sind grundsätzlich vererblich. Gleiches gilt für die an ihnen bestehenden Belastungen wie Hypothek oder Grundschuld. Nicht vererblich sind hingegen das Nießbrauchsrecht an Sachen (§ 1030 BGB) und Rechten (§ 1068 BGB) sowie die beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten, z.B. das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB).

Wenn durch Vertrag der eine Vertragspartner dem anderen verspricht, an einen begünstigten Dritten eine Leistung zu erbringen, liegt gemäß § 328 BGB ein so genannter echter Vertrag zugunsten Dritter vor. Dies ist beispielsweise bei einer Lebensversicherung auf den Todesfall des Erblassers der Fall, wenn der Erblasser eine Dritte Person zum Bezugsberechtigten benannt hat. Dort verspricht die Versicherungsgesellschaft dem Erblasser, der bezugsberechtigten Person im Todesfall eine bestimmte Summe auszubezahlen. Dieser Anspruch des Erblassers gegen die Versicherung auf Drittbegünstigung fällt nicht in den Nachlass und somit nicht in die Hände der Erben. Letztere haben somit in der Regel keine Handhabe, den Bezugsberechtigten der Lebensversicherung auszutauschen. Befinden sich im Vermögen des Erblassers ein Einzelunternehmen, Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder an einer Personengesellschaft, so gilt es, die Vererblichkeit zu überprüfen.

Bei einem einzelkaufmännischen Unternehmen ist zu beachten, dass das Unternehmen im Erbfall zwar ohne Weiteres auf den Erben übergeht, dass der Erbe aber die persönliche Haftung für die mit dem Unternehmen übergegangenen Verbindlichkeiten nicht vermeiden kann, wenn er das Unternehmen fortführt, § 27 HGB. Dies ist die einzige Ausnahme von dem Regelfall, dass der redliche Erbe seine Haftung auf das ererbte Vermögen beschränken kann. Siehe auch Haftungsbeschränkung. Steht eine derartige Unternehmensfortführung ins Haus, sollte der Erblasser noch zu Lebzeiten eine Umstrukturierung seines Unternehmens, insbesondere die Umwandlung in eine GmbH & Co. KG, in Erwägung ziehen.

Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind im Regelfall vererblich, beispielsweise nach § 15 Abs. 1 GmbHG bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Jedoch finden sich häufig im Gesellschaftsvertrag einer GmbH Regelungen zum Erbfall. Beispielsweise kann festgelegt sein, dass nur bestimmte Personen im Erbfall Gesellschafter werden sollen oder dass die übrigen Gesellschafter im Erbfall zur Übernahme des Geschäftsanteils des verstorbenen Gesellschafters berechtigt sind. Um das gewünschte Ziel durchsetzen zu können, steht dann den Gesellschaftern in der Regel das Recht zu, den Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters gegen (meist eine unterwertige) Abfindung einzuziehen, falls der Erbe des Geschäftsanteils den gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Näheres dazu siehe unter Vererbung von GmbH-Geschäftsanteilen.

Bei Personengesellschaften ist die Errichtung einer Verfügung von Todes wegen unbedingt mit dem Gesellschaftsvertrag abzustimmen. Voraussetzung für die Vererblichkeit des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters ist nämlich eine diesbezügliche Nachfolgeregelung im Gesellschaftsvertrag, eine sog. Nachfolgeklausel. Fehlt eine solche, gelten die gesetzlichen Bestimmungen des Gesellschaftsrechts. Es gilt der Grundsatz „Gesellschaftsrecht geht vor Erbrecht“.

Nach dem Gesetz wird eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR oder auch häufig BGB-Gesellschaft genannt) durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, § 727 BGB. Den Gesellschaftern steht das Auseinandersetzungsguthaben zu, §§ 730 - 735 BGB, das zum Nachlass des verstorbenen Gesellschafters gehört.

Bei einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder Kommanditgesellschaft (KG) führt seit dem Handelsrechtsreformgesetz vom 22.6.98 der Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft, die Gesellschaft wird vielmehr unter den übrigen Gesellschaftern fortgeführt, § 131 Abs. 3 HGB. Dem Erben des verstorbenen Gesellschafters steht eine Abfindung zu (§ 105 Abs. 3 HGB in Verbindung mit § 738 BGB), die in den Nachlass fällt. Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass im Falle des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt werden soll, so kann nach § 139 HGB jeder Erbe sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig machen, dass ihm unter Belassung des bisherigen Gewinnanteils die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt und der auf ihn fallende Teil der Einlage des Erblassers als seine Kommanditeinlage anerkannt wird. Nehmen die übrigen Gesellschafter einen dahingehenden Antrag des Erben nicht an, so ist dieser befugt, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft zu erklären. Wird im Gesellschaftsvertrag einer OHG vereinbart, dass beim Tod eines Gesellschafters entgegen § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB die Gesellschaft mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt wird (sog. einfache Nachfolgeklausel) und hinterlässt der verstorbene Gesellschafter mehrere Erben, so werden diese in Höhe ihrer Erbteile Mitgesellschafter und nicht etwa die Erbengemeinschaft. Eine Erbengemeinschaft kann nämlich nicht Mitglied einer werbenden Personengesellschaft sein. Im Falle einer sog. qualifizierten Nachfolgeklausel, bei der nur einem bestimmten Miterben die Nachfolge in den Gesellschaftsanteil gestattet ist, erwirbt dieser den Anteil des Verstorbenen unmittelbar im Ganzen, also nicht nur in Höhe seines Erbteils (Näheres zur Anteilsvererbung bei Personengesellschaften siehe Karsten Schmidt in NJW 2000, 2931).

Beim Tod eines Kommanditisten bestimmt bereits das Gesetz, dass die Erben in die Rechtsstellung des Erblassers einrücken (§ 177 HGB); in diesem Fall ist eine gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklausel entbehrlich.

Nicht vererblich ist die Beteiligung an einer Partnerschaftsgesellschaft. Stirbt ein Partner, so scheidet er aus und sein Anteil wächst den übrigen Partnern an, wobei ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben in den Nachlass fällt.

Familienrechtliche Unterhaltsansprüche erlöschen grundsätzlich mit dem Tod des Berechtigten (§ 1615 BGB für Unterhaltsansprüche von Kindern). Stirbt jedoch der Verpflichtete, so geht ausnahmsweise die Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nach § 1586b BGB auf die Erben über. Der Höhe nach ist der Anspruch aber auf die Höhe des Pflichtteils beschränkt, der dem Berechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. Unterhaltsansprüche, die bereits entstanden und im Zeitpunkt des Erbfalls fällig waren, sind von den Erben als gewöhnliche Nachlassverbindlichkeit zu erfüllen.

Der Zugewinnausgleichsanspruch ist vererblich, wenn er vor dem Tode des Berechtigten entstanden ist.

Erbrechtliche Ansprüche sind dann vererblich, wenn sie bereits vor dem Tode des Erben entstanden sind. Stirbt der Bedachte vor dem Erbfall, so ist die bloße Aussicht auf ein gesetzliches oder testamentarisches Erbrecht hingegen nicht vererblich.

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