Einvernehmliche Streitbeilegung in Erbangelegenheiten

Es gibt vier unterschiedliche Wege, einen Streit in Erbangelegenheiten durch förmliche Verfahren einvernehmlich beizulegen:

1. Die außergerichtliche Streitbeilegung

a) Die Mediation
b) Die Vermittlung bei Erbauseinandersetzung durch einen Notar

2. Die gerichtliche Streitbeilegung

a) Die Einigung vor dem Güterichter
b) Die Güteverhandlung vor dem Prozessgericht


1. Die außergerichtliche Streitbeilegung

a) Die Mediation


Die Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben, § 1 Mediationsgesetz.

Zur Vermeidung eines Gerichtsprozesses und zur Konfliktentschärfung besteht demnach die Möglichkeit, dass die Streitparteien (z.B. Miterben oder Erben und Pflichtteilsberechtigte) sich unter der professionellen Leitung eines Mediators an einen Tisch setzen und nach einer individuellen Lösung für ihr Problem suchen. Mediatoren verfügen im Unterschied zu einem Richter über keine Entscheidungskompetenz und machen keine direkten Lösungsvorschläge. Allerdings können sie das Verfahren durch geschickte Fragen oder Anregungen in eine bestimmte Richtung lenken. Dieses Vorgehen bietet den Streitparteien Verhandlungsspielraum.

Eine Mediation kann sinnvoll sein, wenn die Parteien nach dem Verfahren weiterhin miteinander zu tun haben. Zudem führen Mediationsverfahren oftmals schneller zum Ziel als ein zeitaufwändigeres Gerichtsverfahren.

b) Die Vermittlung bei Erbauseinandersetzung durch den Notar

Auf Antrag (mindestens) eines Miterben kann ein Vermittlungsverfahren durch einen Notar nach den Vorschriften der §§ 363 ff FamFG in die Wege geleitet werden. Diese Möglichkeit besteht seit 01.09.2013 (vorher war das Nachlassgericht zuständig). Führt das Verfahren zu keinem Erfolg, besteht für jeden Miterben die Möglichkeit, durch Klageerhebung ein gerichtliches Verfahren gemäß nachstehendem Abschnitt in die Wege zu leiten.

Ein notarielles Vermittlungsverfahren bietet sich z.B. an, wenn sich bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft Durchführungsschwierigkeiten ergeben, beispielsweise im Hinblick auf Bewertungsfragen einzelner Nachlassgegenstände oder Nutzungen seit dem Erbfall. Mit diesem Verfahren soll den Erben, die sich zwar einerseits nicht privat endgültig einigen können, andererseits aber den Prozessweg scheuen, eine Hilfe geboten werden, gemeinsam unter sachverständiger Leitung zu einer Auseinandersetzung zu kommen. Der Antrag auf Einleitung des Verfahrens kann bei jedem örtlich zuständigen Notar gestellt werden.

Der Notar hat im Vermittlungsverfahren nur eine vermittelnde und beurkundende Funktion, eine Entscheidungskompetenz bei verbleibenden Streitigkeiten steht ihm nicht zu. Gegen den Willen eines Beteiligten kann er daher nicht in der Sache entscheiden und den Nachlass nach billigem Ermessen aufteilen. Verbleiben Streitpunkte zwischen den Parteien, wie beispielsweise die Wirksamkeit eines Testamentes, die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zum Nachlass oder das Bestehen und die Höhe von Ausgleichungspflichten, muss zur Klärung Klage beim Prozessgericht erhoben werden. Der Notar setzt in diesem Fall das Verfahren aus bis das Prozessgericht eine Entscheidung getroffen hat, § 370 FamFG. Beteiligte des Verfahrens sind nur die Miterben einer Erbengemeinschaft, nicht aber Pflichtteilsberechtigte, Nachlassgläubiger oder Vermächtnisnehmer.

2. Die gerichtliche Streitbeilegung

a) Einigung vor dem Güterichter

Um eine Streitbeilegung vor dem Güterichter zu erreichen, muss eine Klage beim Prozessgericht eingereicht werden; das entscheidungsbefugte Gericht kann dann das Verfahren an einen Güterichter verweisen, § 278 Abs. 5 ZPO. Jede Partei kann die Verweisung an den Güterichter anregen, die Entscheidung darüber liegt im Ermessen des Gerichts. Gegen den Willen beider Parteien wird das Gericht eine Verweisung nicht vornehmen. Die Klageschrift soll daher eine Äußerung dazu enthalten, ob der Klage außergerichtliche Bemühungen um eine Einigung vorausgegangen sind und ob einem Verfahren der Konfliktbeilegung Gründe entgegenstehen, § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO.

Vor allem in hoch streitigen, emotional belasteten und rechtlich oder tatsächlich komplexen Verfahren führt der Einsatz eines Güterichters in der Regel zu einer erheblichen Einsparung von Zeit und Verfahrensaufwand sowie zu Lösungen mit hoher Akzeptanz unter allen Beteiligten. Im Gegensatz zum Prozessrichter verhandelt der Güterichter nicht öffentlich und in einer formlosen Atmosphäre am Besprechungstisch. Die Verhandlung kann sich völlig vom Streitgegenstand lösen und zu über den ursprünglichen Streitgegenstand hinausgehenden Vereinbarungen führen.

Der Güterichter darf, im Gegensatz zum Mediator, eine rechtliche Bewertung vornehmen und den Parteien auch eine Lösung für den Konflikt vorschlagen. Er hat somit eine Zwischenstellung zwischen einem Mediator und einem Richter: Er ist zwar nicht zur hoheitlichen Entscheidung des Streits befugt, darf aber die Prozessakten ohne Zustimmung der Streitparteien einsehen und einen vollstreckbaren Vergleich gerichtlich protokollieren. Dem Güterichter stehen dabei nach § 278 Abs. 5 ZPO alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation (im Sinne des § 1 MediationsG) zur Verfügung.

Das Gericht kann den Parteien statt einer Verweisung an den Güterichter auch die Durchführung einer außergerichtlichen Mediation vorschlagen, § 278a Abs. 1 ZPO. Entscheiden sich die Parteien hierfür, ordnet das Gericht das Ruhen des Prozessverfahrens an.

Näheres zu diesem (mit Gesetz vom 21.07.2012 eingeführten) Verfahren siehe www.gueterichter-forum.de.

b) Güteverhandlung vor dem Prozessgericht

Die Güteverhandlung ist im Regelfall die Vorstufe im streitigen Verfahren und setzt voraus, dass Klage beim Prozessgericht erhoben worden ist. Sie findet meist direkt vor der ersten mündlichen Verhandlung statt und wird von dem prozessentscheidenden Richter durchgeführt, § 278 Abs. 2 ZPO. Die Güteverhandlung dient der Erörterung des Sach- und Streitstandes unter freier Würdigung aller Umstände. Der Ablauf entspricht im Wesentlichen dem einer mündlichen Verhandlung, allerdings nicht mit dem Ziel, eine gerichtliche Streitentscheidung herbeizuführen, sondern einen gerichtlichen Vergleich. Scheitert die Güteverhandlung, weil sich die Parteien nicht einigen können, geht das Gericht im Anschluss daran in die mündliche Verhandlung über.

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