Sollten Sie nicht mehr entscheidungsfähig sein, Ihren Willen nicht mehr äußern können und keine Patientenverfügung haben, muss ein Bevollmächtigter oder Betreuer für Sie entscheiden. Ist weder ein Bevollmächtigter noch ein Betreuer bestellt, muss ein Arzt bei dringenden medizinischen Maßnahmen nach Ihrem mutmaßlichen Willen handeln. Ansonsten muss unter Umständen ein vorläufiger Betreuer bestellt werden, bis vom Betreuungsgericht der endgültige Betreuer eingesetzt wird.
Im Zweifel entscheiden sich der Betreuer / der Arzt für lebenserhaltende Maßnahmen.
Wenn der Wille des Patienten bezüglich Krankheitssituation und medizinischen Maßnahmen eindeutig formuliert ist, ist eine Patientenverfügung in Deutschland für Arzt, Betreuer oder Bevollmächtigten rechtlich bindend.
Dies wurde in den seit 1. September 2009 geltenden neuen gesetzlichen Bestimmungen geregelt. Wird eine eindeutig formulierte und wirksame Patientenverfügung missachtet, kann das als Körperverletzung strafrechtlich verfolgt werden. Auch nach den Grundsätzen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung von 2004 ist »die in einer Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachte Ablehnung einer Behandlung für den Arzt bindend, sofern die konkrete Situation derjenigen entspricht, die der Patient in der Verfügung beschrieben hat, und keine Anhaltspunkte für eine nachträgliche Willensänderung erkennbar sind«.
Eine Patientenverfügung ist laut Gesetz schriftlich abzufassen. Dies kann handschriftlich oder in gedruckter Form geschehen und bedarf keiner notariellen Beurkundung. Wird die Schriftform nicht gewahrt, ist auch nach der neuen gesetzlichen Regelung wie bereits nach bisheriger Rechtslage der mutmaßliche Wille des Patienten maßgeblich.
Die Form der Abfassung spielt keine Rolle, allerdings sollte die Verfügung unterschrieben werden, da ansonsten der Verfügende nicht zweifelsfrei definiert werden kann.
Ratsam ist es auch, in der Verfügung darauf hinzuweisen, dass man sich bei der Erstellung von einem – namentlich aufgeführten - Arzt und/oder Rechtsanwalt eingehend hat beraten lassen. Das unterstreicht die Ernsthaftigkeit des erklärten Willens, da dies zeigt, dass Sie sich ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt haben.
Zudem ist es empfehlenswert, eine einmal erstellte Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen (alle 1 bis 2 Jahre) oder im Falle einer auftretenden ernsthaften Erkrankung/geänderter persönlicher Umstände inhaltlich genau zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Dies sollte dann auch durch Datum und erneute Unterschrift bestätigt werden. Je zeitnaher eine Verfügung erstellt / bestätigt ist, desto aussagekräftiger ist sie wiederum für den behandelnden Arzt.
Ich versuche diesen Vergleich gerne anhand eines Anzugkaufs darzustellen: Sie können einen Anzug von der Stange kaufen. Der kann, wenn Sie Glück haben, Ihnen genau passen, das ist aber eher selten der Fall. Schnell stimmt die Länge der Hosenbeine oder der Ärmel nicht, oben sitzt die Hose auch nicht so ideal oder das Jackett wirft Falten, etc. Ein maßgeschneiderter Anzug dagegen sitzt perfekt, da er ganz individuell auf Sie zugeschnitten wurde. Nun ist aber die Wichtigkeit des Inhalts einer Patientenverfügung um ein Vielfaches höher als die Wahl eines Anzuges, denn hier geht es um Ihr Leben, Ihre Lebensqualität in einem hilflosen Zustand, Ihr Selbstbestimmungsrecht. Dies sollten Sie bei Ihrer Entscheidung für das eine oder das andere bedenken. Ein Formular – meist mit Erklärungen zum Ankreuzen – ist zweifelsfrei die schnellste und günstigste Art der Erstellung einer Patientenverfügung kann aber die Komplexität Ihres Lebens und Ihrer zu Ihren Mitmenschen nicht wiedergeben.
Hier ein Hinweis auf einige damit verbundene Risiken:
Die Patientenverfügung dokumentiert den Willen des Verfügenden bzgl. ärztlicher Maßnahmen für den Fall, dass er seinen Willen nicht mehr selbst äußern kann. Jedoch muss dieser Wille auch rechtswirksam nach außen erklärt werden können. Da bei Bedarf der Patientenverfügung der Patient selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, sollte man zeitgleich regeln, wer in diesem Fall bevollmächtigt ist, seinen Willen kundzutun.
Dies geschieht idealerweise durch eine Vorsorgevollmacht für eine Person Ihres Vertrauens. Eine andere Lösung hierfür wäre eine Betreuungsverfügung. Wenn Sie niemanden bevollmächtigt haben, bestellt das Betreuungsgericht einen Betreuer für Sie bezüglich der Gesundheitsfürsorge, bei vorhandener Betreuungsverfügung entsprechend Ihrem darin geäußerten Willen. Auch er hat Ihren in der Patientenverfügung erklärten Willen zu beachten.
Ein Bevollmächtigter kann im Gegensatz zum Betreuer jedoch bei Bedarf sofort für Sie handeln, da bei ihm das Betreuungsgericht nur in Ausnahmefällen eingeschaltet werden muss, während der Betreuer immer unter der Kontrolle des Gerichts handelt.
Hier ist eine besonders intensive Beratung und Aufklärung durch den behandelnden Arzt über den Krankheitsverlauf, die damit verbundenen Beschwerden und die gezielten medizinischen Möglichkeiten für Behandlungen, Schmerzlinderungen usw. sehr wichtig. Situationsbedingt empfiehlt sich auch eine Beratung mit einer Palliativ-Fachpflegekraft und / oder einem Hospiz.
Die Patientenverfügung sollte zusätzlich auf die konkrete Krankheitssituation zugeschnitten sein, indem eine möglichst konkrete, darauf bezogene Benennung von Behandlungs- und Pflege- wünschen bzw. Unterlassungswünschen in der Verfügung erfolgt.
Die gesamten Vorsorgeunterlagen sollten in jedem Fall so aufbewahrt werden, dass sie im Ernstfall sofort gefunden und an den Berechtigten ausgehändigt werden können. In jedem Fall sollten Sie den oder die Bevollmächtigten oder künftigen Betreuer genau informieren, wie Sie die Aufbewahrung geregelt haben.
Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Gerne bewahren wir in der Kanzlei Ihre Unterlagen, die wir dann nach Ihren Vorgaben an Ihre Vertrauensperson weitergeben.
Leider ist die deutsche Patientenverfügung im Ausland nicht wirksam. Bei längeren Auslandsaufenthalten sollte man sich daher über die rechtliche Situation im jeweiligen Land diesbezüglich erkundigen. Gerne bin ich dabei behilflich.